Das Rad-ABC

Übungen zur besseren Pedaliertechnik

Bei Schwimmern, beim Ski-Skating oder bei Läufern ist Techniktraining ein fester Bestandteil des wöchentlichen Trainings. Gerade in technisch anspruchsvollen Sportarten scheint es plausibler zu sein, dass es ohne eine gewisse Grundtechnik kein Vorankommen gibt.  

 

Wer schon einmal die bittere Erfahrung gemacht hat, mit konditionell Schwächeren zu laufen, die aber über eine bessere Technik verfügten, wird Mühe gehabt haben, den Anschluss zu halten. Laufen ohne Lauftechnik verbraucht viel mehr Energie als ein ökonomischer Laufstil. Eignet man sich hierfür einen Grundstock an Technik an, wird man bald feststellen, dass die Laufgeschwindigkeit bei gleicher Anstrengung steigt und die Herzfrequenz sinkt. Hier wird von einer Ökonomisierung des Bewegungsablaufs gesprochen. Um die Muskelkoordination einem Bewegungsmuster anzupassen, braucht es aber die Zeit, um das erlernte Niveau für ein kontinuierliches Training zu halten.  

Auch Radsportler können durch eine bessere Technik Energie sparen und Kräfte effizienter einsetzen. Das Rad-ABC ist ein speziell für Radsportler entwickeltes Übungsprogramm, mit dem die Kraftübertragung pro Kurbelumdrehung sowie die Pedaliertechnik verbessert werden, was zu einem effektiveren Tritt verhelfen soll. Die folgenden Übungen sind als reines Techniktraining zu verstehen und sollen im GA1-Trainingsbereich, also bei geringer Anstrengung, durchgeführt werden. Diese Trainingsform kann man ideal bei Grundlagenfahrten, kurzen Touren oder auf der Rolle integrieren.  

 

Hinweise zur Durchführung: 

Das »Rad-ABC« ist ein Techniktraining, das die koordinativen Fähigkeiten verbessert. Es setzt ein Mindestmaß an konditioneller Frische und Konzentration voraus. Ein 20-minütiges Warmfahren ist genauso Voraussetzung wie ein ausreichendes Ausfahren. Werden die Übungen in längere Grundlagenausfahrten integriert, sollte die Durchführung am Anfang stattfinden und nicht in ermüdetem Zustand am Ende eines Trainings.  

Viele der aufgeführten Übungen erfordern bis zur vollständigen Beherrschung einige Zeit des Trainings. Obwohl man dieses Techniktraining im Ausdauerbereich durchführen soll, bleibt ein Anstieg von Leistung und Herzfrequenz am Anfang kaum aus. Mit der Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten pendeln sich aber sowohl Leistung als auch die Herzfrequenz ein, wie auch beispielsweise das »Hüpfen« mit dem Gesäß auf dem Sattel bei hohen Trittfrequenzen.  

Lesetipp: Pedalkräfte, Pedaliertechnik und mehr…

 

Das Rad-ABC 

Einbeiniges Pedalieren am Berg 

Ziel ist die Verbesserung der Tretbewegungen durch das Erlernen eines »runderen Tritts«. Bei dieser Übung wird ein Bein isoliert vom anderen trainiert, sodass dieses nicht zur Unterstützung hinzugezogen werden kann. Dadurch muss ein Bein in jeder Pedalphase/ Druckphase effektive Kraft aufbringen, um Vortrieb zu erzeugen – auch in der Hubphase. 

Dauer der einzelnen Übung: 30 Sekunden (Untrainierte), 60 Sekunden je Bein (Trainierte)  

Durchführung: im Wechsel mit dem linken und rechten Bein einbeinig pedalieren 

Trittfrequenz: 60 U/min, danach folgt eine kurze Pause 

Strecke: leichter Anstieg ohne Verkehr oder sonstige Störfaktoren 

Intensität des Workouts: GA1-Bereich 

Wiederholungen des einzelnen Workouts: 5–12 Wiederholungen je Bein 

Pause zwischen den Übungen: 5 Minuten 

Schwierigkeiten bei der Durchführung:

Am Anfang kann der Tritt sehr abgehackt wirken, und der Körper dreht sich in die Richtung des tretenden Beins – das sollte nach mehrmaligem Üben abgestellt sein. 


Einbeiniges Pedalieren im Flachen 

Ähnlich der Durchführung des einbeinigen Pedalierens mit einer geringen Umdrehungszahl soll auch bei diesem Workout das Ziel ein »runderer Tritt« sein – jedoch unter erschwerten Bedingungen aufgrund einer höheren Trittfrequenz.  

Dauer der einzelnen Übung: 30 Sekunden (Untrainierte), 60 Sekunden je Bein (Trainierte) 

Durchführung: im direkten Wechsel mit dem linken und rechten Bein einbeinig pedalieren 

Trittfrequenz: 90–110 U/min, danach folgt eine kurze Pause 

Strecke: auf einer flachen Straße ohne Verkehr oder sonstige Störfaktoren 

Intensität des Workouts: GA1-Bereich 

Wiederholungen der einzelnen Übung: 5–12 Wiederholungen je Bein 

Pause zwischen den Übungen: 5 Minuten  

Schwierigkeiten bei der Durchführung 

Durch die hohe Trittfrequenz von 90–110 U/min kann es dazu kommen, dass nur noch in der Druckphase Kraft erzeugt wird und das Bein die Kurbelbewegung in den übrigen Phasen kraftlos durchläuft. Außerdem neigt man bei der Durchführung dazu, die Trittfrequenz zu erhöhen. Dies sollte genauso verhindert werden wie die ausschließliche Belastung in der Druckphase.  


Trittfrequenzpyramide 

Bei der Trittfrequenzpyramide soll ein Gefühl für hohe Umdrehungszahlen entwickelt werden. Außerdem werden die intra- und die intermuskuläre Koordination sowie die Kraftübertragung bei hohen Trittfrequenzen verbessert. 

Dauer der einzelnen Übung: 90 Sekunden 

Durchführung: Starte mit 90U/min, dann alle zehn Sekunden die Trittfrequenz um 10 U/min steigern, bis eine Trittfrequenz von 130 U/min erreicht ist; danach wieder alle 10 Sekunden die Trittfrequenz um 10 U/min senken.  

Beispiel: 90-100-110-120-130-120-110-100-90 U/min; jede Umdrehungszahl 10 Sekunden halten 

Strecke: auf einer flachen Straße ohne Verkehr oder sonstige Störfaktoren 

Intensität des Workouts: GA1-Bereich 

Wiederholungen des einzelnen Workouts: 3–8 Wiederholungen 

Pause zwischen den Übungen: 5 Minuten 

Schwierigkeiten bei der Durchführung 

Oft wird die Trittfrequenz zu schnell gesteigert – diese soll aber konstant für zehn Sekunden in der jeweiligen Höhe gehalten werden. Bei zunehmender Umdrehungszahl kann das Gefühl aufkommen, ins Leere zu treten. Läuft die Ausführung der Trainingspyramide mit der Zeit routinierter ab, wird dies immer besser gelingen. 


Fahren mit konstant hoher Trittfrequenz 

Beim Fahren mit hohen Umdrehungszahlen von mindestens 110 U/min sollen Koordination und Konzentration über einen längeren Zeitraum verbessert werden.  

Dauer der einzelnen Übung: 5–10 Minuten 

Durchführung: konstantes Fahren mit einer Trittfrequenz von 110–120 U/min, ohne dabei die Leistung zu steigern 

Strecke: auf einer flachen Straße ohne Verkehr oder sonstige Störfaktoren 

Intensität des Workouts: GA1-Bereich 

Wiederholungen der einzelnen Übung: 1–4 Wiederholungen 

Pause zwischen den Übungen: 15 Minuten 

Schwierigkeiten bei der Durchführung 

Weil eine hohe Umdrehungszahl über einen längeren Zeitraum von 5–10 Minuten gehalten werden muss, ist eine sinkende Trittfrequenz, die sich dem normalen Tretrhythmus annähert, oft unausweichlich. Diese Übung verlangt nicht nur einiges an Koordination, sondern auch an Konzentration ab.  


»Crescendo-Fahrt« bis zur maximalen Trittfrequenz 

Durch ein langsames Steigern der Trittfrequenz soll nach etwa 90 Sekunden das Maximum erreicht werden. Um das zu erzielen, wird eine langsame Steigerung der Trittfrequenz genauso geschult wie das Timing, erst nach 90 Sekunden bei der maximalen Umdrehungszahl angelangt zu sein. 

Dauer der einzelnen Übung: bis 2 Minute 

Durchführung: Start mit 90 U/min, dann alle 10 Sekunden die Trittfrequenz um 10 U/min steigern, bis die maximale Trittfrequenz erreicht ist 

Strecke: auf einer flachen Straße ohne Verkehr oder sonstige Störfaktoren 

Intensität der Übung: GA1-Bereich 

Wiederholungen der einzelnen Übung: 1–6 Wiederholungen 

Pause zwischen den Übungen: 5 Minuten 

Schwierigkeiten bei der Durchführung 

Oft wird die Trittfrequenz zu schnell gesteigert, sodass schon nach wenigen Sekunden die maximale Umdrehungszahl erreicht wird. Mit der Trittfrequenz steigt oft auch die Intensität – das Ziel ist aber nicht das Beschleunigen im gleichen Gang, sondern ohne hohe Belastung das Maximum zu erreichen. Es empfiehlt sich bei der Durchführung, immer wieder einen Gang runterzuschalten. 


Trittfrequenz-Sprints mit maximaler Trittfrequenz 

Je höher die maximale Trittfrequenz, desto höhere Umdrehungszahlen können im Durchschnitt realisiert werden. Radsportler mit einer hohen maximalen Trittfrequenz tun sich deshalb leichter beim Fahren mit einer konstant hohen Trittfrequenz. 

Dauer der einzelnen Übung: 10 Sekunden 

Durchführung: Beschleunigung aus der Fahrt mit hoher Trittfrequenz und geringem Widerstand. Der Sprint soll bis zum Erreichen der maximalen Trittfrequenz durchgeführt werden. 

Strecke: auf einer flachen Straße ohne Verkehr oder sonstige Störfaktoren 

Intensität der Übung: GA1-Bereich 

Wiederholungen der einzelnen Übungen: 1–6 Wiederholungen 

Pause zwischen den Übungen: 15#Minuten 

Schwierigkeiten bei der Durchführung 

Bei dieser Übung kommt es oft zu einem Auf- und Abwippen des Gesäßes auf dem Sattel. Der Grund: Der Muskel kann nicht so schnell von den einzelnen Bewegungsabläufen (Drücken und Ziehen) wechseln und arbeitet vorerst gegen die Bewegung. Mit besserer Beherrschung von Motorik und Koordination wird sich das legen.  


Auf und ab 

Ziel soll es sein, weder Kraftverschwendung noch Druckverlust auf dem Hinterrad beim Aufstehen auf dem Rennrad zu generieren. Die Bewegung aus der Sitzposition in den Wiegetritt soll ökonomischer und fließender werden, sodass es nahezu keinen Kraft- und Schwungverlust gibt. 

Dauer der einzelnen Übung: 1 Minute 

Durchführung: Bei geringer Belastung fährt man abwechselnd je 10 Sekunden im Wiegetritt und im Sitzen. Das »Aufstehen« soll dabei möglichst ruhig durchgeführt werden.  

Strecke: leicht ansteigender Berg ohne Verkehr oder sonstige Störfaktoren 

Intensität der Übung: GA1-Bereich 

Wiederholungen der einzelnen Übung: 4–10 Wiederholungen 

Pause zwischen den Übungen: 15 Minuten  

Schwierigkeiten bei der Durchführung 

Durch das ständige Auf und Ab kann das Fahren unruhig und hektisch werden. Die Bewegung vom Sitzen ins Stehen und wieder zurück sollte allerdings fließend sein. Beim Aufstehen verfolgen Rennradfaherer das Ziel, direkt den Schwerpunkt für die ideale Wiegetrittposition zu finden. 


Fahren im Wiegetritt mit starrem Oberkörper 

Beim Wiegetrittfahren soll alle Kraft in den Vortrieb gehen und nicht in der Bewegung oder im Rad verpuffen. Deshalb gilt es, den Oberkörper dabei möglichst ruhig und starr zu halten und nur das Rad unter sich von der einen Seite zur anderen zu schieben.  

Dauer der einzelnen Übung: 1 Minute 

Durchführung: Bei geringer Belastung im Wiegetritt fahren, der Oberkörper wird dabei ruhig und starr über dem Rennrad gehalten.  

Strecke: leicht ansteigender Berg ohne Verkehr oder sonstige Störfaktoren 

Intensität des Workouts: GA1-Bereich 

Wiederholungen der einzelnen Übung: 4–10 Wiederholungen 

Pause zwischen den Übungen: 15 Minuten 

Schwierigkeiten bei der Durchführung 

Oft bewegen sich Schultern, Kopf oder Gesäß beim Wiegetritt unbewusst mit und werden dabei nicht ruhig gehalten. Ein starrer Oberkörper hilft dabei, Kraftverluste zu vermeiden. Um das besser kontrollieren zu können, eignet sich diese Übung als Partnerübung, bei der man sich von vorne, hinten und von der Seite gegenseitig beobachtet. 


Phasentraining, Konzentration auf eine Pedalphase 

Dies ist das Schwerste aller Übungen, weil hier die Konzentration in die Verbesserung einer Pedalphase von 90° gelegt wird. Wurden Schwachstellen im Tretverlauf entdeckt, können diese Defizite mit der Übung gezielt verbessert werden. 

Dauer der einzelnen Übung: 30 Sekunden 

Durchführung: Bei geringer Belastung wird eine Phase des Tretzyklus’ trainiert. Die Konzentration liegt dabei immer nur auf einer Phase, und diese wird beim Pedalieren bewusst getreten, geschoben oder gezogen. Nacheinander werden alle vier Phasen durchlaufen. Die Trittfrequenz sollte bei 90 U/min liegen. 

Strecke: leicht ansteigender Berg ohne Verkehr oder sonstige Störfaktoren 

Intensität der Übung: GA1-Bereich 

Wiederholungen der einzelnen Übung: 1–4 Wiederholungen 

Pause zwischen den Übungen: 1 Minute 

Schwierigkeiten bei der Durchführung 

Die Pedalphasen genau zu treffen, stellt eine große Schwierigkeit dar und bedarf einiges an Übung. Denn bei einer Kurbelumdrehung von 90 U/min dauert eine 90°-Phase – wie erwähnt – gerade mal 0,16 Sekunden. Dem ungeachtet soll nur in der zu verbessernden Phase Druck auf das Pedal erzeugt werden und nicht schon davor oder danach. 

 Autor: Tim Böhme

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