Auf Höchstleistung vorbereiten

Pre-Performance Routines (PPR) im Sport

Das wichtigste in Kürze

  • PPR sind feste Abläufe, die Athlet:innen vor einer Leistungssituation durchlaufen, um ihre Leistungsfähigkeit zu optimieren
  • PPR können unterschiedlich aussehen und sollten auf die jeweilige Sportart angepasst sein
  • Die meisten Athlet:innen haben bereits PPR und benötigen lediglich ein wenig Feinschliff
  • Abhängigkeiten von externen Faktoren sind bei PPR zu vermeiden
  • Trainer:innen sollten das Bewusstsein für PPR schärfen, Athlet:innen helfen bestehende zu evaluieren und ggf. anzupassen
  • Dazu ist es wichtig, im Training und Wettkampf sichere Räume dafür zu schaffen

Was sind Pre-Performance Routinen (PPR)?

Hierunter kann man alles zusammenfassen, was Athleten und andere Personen im Sport als feste Abläufe vor einem Wettkampf durchlaufen, um sich möglichst optimal auf eine Leistungssituation vorzubereiten: die Nudeln am Abend vorm Rennen, der Lieblingssong im Warmupbereich oder das Abklatschen vor Wettkampfbeginn in der Mannschaft. Sie helfen dabei, die Aufmerksamkeit in das Hier und Jetzt zu holen und in eine mentale Zone zu kommen, die das Abrufen von optimaler Leistung ermöglicht

Diese Routinen gewinnen insbesondere in Drucksituationen an Wichtigkeit, denn sie können Dinge fördern, die (in der Regel) wichtig für die körperliche Bereitschaft sind. So werden in der Literatur Elemente wie Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit dadurch positiv beeinflusst.

Das Ziel ist also klar: durch geplante Routinen bin ich in der Lage, in einer Leistungssituation besser auf diese vorbereitet zu sein und erhöhe somit die Wahrscheinlichkeit, dass ich meine in dem Moment beste Leistung abrufen kann.

Wie können PPR aussehen?

Neben den bisher erwähnten Möglichkeiten, findest du hier einfach mal ein paar weitere Beispiele, um ein besseres Verständnis für diese Routinen zu schaffen:

Im Golf ist es üblich, dass Spieler eine feste Abfolge vor einem Abschlag haben: eine Visualisierung des Schlages, präzise gewählte Schritte in die gewählte Position, eine bestimmte Art die Finger um den Schläger zu schließen und mehr. Bei Freistößen im Fußball oder Rugby kennen wir auch alle jene Spieler, die eine detailliert geplante Anzahl von Schritten und Bewegungen haben, bevor sie den Ball gen Ziel treten. Aber auch Routinen abseits des Wettkampfgeschehens können wichtig sein, etwa wie Aktivitäten am Abend oder Morgen davor, aber selbstverständlich auch die Anwendung solcher Routinen im Trainingskontext.

Hierbei ist wichtig: die meisten Athleten haben bereits eigene Routinen, ohne dass sie sich dieser sonderlich bewusst sind. Entsprechend kann es sinnvoll sein, in erster Linie zu schauen, welche bereits existieren und auszuwerten, inwiefern diese der Leistungsfähigkeit dienen oder ihr sogar im Weg stehen.

Wie sollten Routinen nicht aussehen?

So wertvoll PPRs auch sein mögen, es ist entscheidend, dass Athleten nicht zu stark von ihnen abhängig werden. Eine übermäßige Fixierung auf die Einhaltung einer bestimmten Routine kann kontraproduktiv sein, insbesondere wenn äußere Umstände es unmöglich machen, die Routine wie gewohnt durchzuführen. Eine Verknüpfung von Leistungsfähigkeit mit spezifischen, oft externen Faktoren kann zu einem erhöhten Stresslevel führen, wenn diese Faktoren nicht kontrollierbar sind.

Deshalb ist es wichtig, dass Athleten lernen, flexibel zu bleiben und alternative Routinen zu entwickeln, die ihnen helfen, trotz unvorhergesehener Herausforderungen leistungsfähig zu bleiben. Diese Flexibilität ist ein zentraler Aspekt der Resilienz, die in der Sportpsychologie als Schlüsselkompetenz betrachtet wird. Ein Training dieser mentalen Stärke sollte daher Teil jeder sportpsychologischen Betreuung sein.

Die Rolle von Trainerinnen und Trainern

Trainer spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Implementierung von PPR. In erster Linie ist es unabdingbar, zuerst durch dazugehörige Gespräche, ein Bewusstsein für den möglichen positiven Einfluss von PPR zu erzeugen. Dabei geht es nicht darum „richtige“ oder „falsche“ Routinen zu differenzieren, sondern viel mehr zu erkunden: sind die bereits vorhandenen Routinen hilfreich oder hinderlich?

Hinderliche Routinen könnten solche sein, die von externen Faktoren abhängig sind (z.B. das Dabeisein einer bestimmten Person für einen individualisierten Handschlag), oder solche, die Athleten in einen Zustand versetzen, der hinderlich ist. So ist es z.B. wenig hilfreich sich vor einer schweren Kniebeuge wiederholt durch den Kopf gehen zu lassen, was alles schief gehen könnte und Selbstgespräche in eben diese Richtung zu führen.

Zusätzlich können auch gemeinsame PPR für das Wettkampfgeschehen entwickelt werden, sofern sicher ist, dass man dort die Möglichkeit dazu haben wird. Ein Wortwechsel, oder gar ein kurzer körperlicher Impuls (https://youtu.be/n85Xay3zfKk) können auch dazu gehören. Wichtig: hier stehen immer die Bedürfnisse und Grenzen unserer Athleten im Vordergrund.

Hier kann es ebenso hilfreich sein zu überlegen, wie spezifisch anwendbar bestimmte Routinen für die jeweilige Radsportdisziplin sind.

Zuletzt ist es wichtig, dass Trainer Räume schaffen, in denen Athleten neue Routinen ausprobieren und erproben können. So kann ich im Training bei bestimmten Übungen Zeit dafür einplanen oder das im Rahmen eines sportpsychologischen Workshops anleiten lassen.

Fazit

Pre-Performance-Routinen sind ein wertvolles Werkzeug, das Athleten helfen kann, ihre Leistung zu optimieren, indem sie in einen mentalen Zustand versetzt werden, der das Abrufen von der höchstmöglichen Tagesleistung erleichtert. Während diese Routinen einen erheblichen Beitrag zum Erfolg leisten können, ist es wichtig, dass Athleten lernen, flexibel zu bleiben und nicht von spezifischen Abläufen abhängig zu werden. Trainern spielen hierbei eine zentrale Rolle, indem sie Athleten dabei unterstützen, individuelle, kontrollierbare und anpassungsfähige Routinen zu entwickeln und zu perfektionieren.

Durch das Bewusstsein für die Bedeutung von PPRs und die gezielte Arbeit an diesen Routinen kann das volle Potenzial von Athleten entfaltet und ihre Leistungsfähigkeit nachhaltig gesteigert werden.

Bild: © Merbild-Merlin Muth

Artikel: Paul Schlütter ist Teil des BDR-Bildungsteams und Referent des Kurses: BDR-RadCoach Pro – Coaching im Radsport

Rupprecht, A. O., Tran, U.S., & Gröpel, P. (2021). The effectiveness of pre-performance routines in sports: a meta-analysis. International Review of Sport and Exercise Psychology, 17(1), 39-64.

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